Der Lehrer hatte wieder jemanden eingeladen, um eine Geschichte zu erzählen. Diesmal war es Frau Wiedebold, eine kleine ältere Dame, die nicht mehr gut laufen konnte. Erzählen aber konnte sie um so besser.
Gespannt setzten sich die Kinder auf ihre Plätze. Auch der König und die Königin waren gekommen. Und Frau Wiedebold begann:
Ein Hase lief an einem Maisfeld vorbei. Da traf er einen Igel, der in der Nähe unter einem riesigen Brombeerbusch lebte. „Wie kommt es, dass du am frühen Morgen hier im Feld herumläufst?“ fragte der Hase.
„Ich gehe hier spazieren,“ entgegnete der Igel. „Spazieren? Bei deinen kurzen Beinen wirst du nicht weit kommen!“ höhnte der Hase. Das ärgerte den Igel. „Gib bloß nicht so an“, gab er zurück. „Mit meinen Beinen bin ich immer noch schneller als du.“ „Mach dich nicht lächerlich! Wie willst du das denn schaffen?“, rief da der Hase.
Schließlich meinte der Igel: „Wir können ja wetten. Hier in diesem Maisfeld ist eine gute Rennstrecke. Du läufst durch eine Maisreihe und ich durch eine andere. Der Sieger bekommt vom Verlierer 10 fette Schnecken als Gewinn.“
„Hasen fressen doch keine Schnecken, du Dummkopf“, lachte der Hase, der natürlich fest an seinen Sieg glaubte und keinen Wert auf einen Gewinn legte. „In einer halben Stunde geht’s los“, sagte der Igel, „ ich muss nur noch schnell nach Hause und meiner Frau sagen, wo ich bin.“ Der Igel lief zu seinem Brombeergebüsch. Er hatte einen Plan. Den besprach er mit seiner Frau. Dann kehrte er zum Maisfeld zurück.
„Lass uns anfangen! Die alte Dohle dort soll das Startzeichen geben“, meinte der Hase, der schon ungeduldig wartete. Die Dohle näherte sich neugierig. Beide erklärten ihr die Wette und stellten sich auf. „Auf die Plätze! Fertig! Los!“ Der Hase rannte los wie der Blitz. Die Dohle flog zum anderen Ende des Maisfeldes. Weil der Mais aber so dicht stand, konnte auch sie nicht sehen, dass der Igel höchstens fünf Meter weit lief, um dann vergnügt umzukehren.
Als der Hase außer Atem am anderen Ende der Maisreihe ankam, erblickte er zu seinem Entsetzen den Igel, der auf einem abgefallenen Maiskolben saß und sich scheinbar ausruhte. Es war die Igelfrau, aber das wussten weder der Hase noch die Dohle, die etwas verspätet dazu stieß.
„Das kann doch nicht sein“, schrie der Hase. „Wie hast du das gemacht? Ich will sofort einen zweiten Lauf“. „Meinetwegen“, entgegnete die Igelfrau. Wieder stellten sie sich auf, die Dohle gab das Kommando und los ging es. Am anderen Ende wartete der Igelmann, der höhnisch grinste: „Sind alle Hasen so langsam?“ Der Hase war außer sich. Das war gegen seine Ehre. Noch fünfmal verlangte er einen neuen Lauf. Jedes Mal war der Igel jedoch scheinbar eher am Ziel.
Völlig erschöpft schlich der Hase schließlich davon. Die Dohle aber verbreitete die Nachricht genüsslich in der Welt der Tiere.
Die Zuhörer klatschten begeistert. Doch für den Lehrer war die Geschichte damit noch nicht zu Ende. Er sah auf der Buchstabentafel nach und malte das "I" und "i" an die Tafel. Die Kinder schrieben diese Buchstaben in die Luft und mit dem Finger auf ihre Tische. Danach rannten sie hinaus auf den Schulhof, suchten sich Stöcke und schrieben die Buchstaben I und i in den Sand, immer und immer wieder, wohl tausend mal.
Der König und die Königin jedoch blieben im Klassenraum und probierten auf ihren Schiefertafeln. Die Königin sprach dabei immer wieder den Satz "Ich bin die Königin!" vor sich hin. Dann servierte der Diener ihnen und dem Lehrer eine Tasse Kaffee und alle hatten schon wieder etwas gelernt.
Das könntest du tun: